Frage an alle ! Oracle und Linux…

Heute mal kein Beitrag zum Keller oder zu Solaris… im Gegenteil ! Seit ein paar Tagen beschäftigt mich eine Entscheidung und ich suche nach den Erklärungen. Vielleicht könnt Ihr da draußen mir helfen.

Vor ein paar Tagen hatte ich ein kurzes Gespräch mit einem Kunden und dabei kam zu Wort, dass die betagte Oracle Datenbank Umgebung abgelöst wird. Bisher leistete ein Oracle RAC auf einer Sun Fire 6800/6900 – natürlich unter Solaris – halbwegs zuverlässige Dienste. Das System hat wohl schon locker 7 Jahre auf dem Buckel, wurde auch schon „gepimpt“ und ist dennoch inzwischen einfach nicht mehr zeitgemäß. (IMHO verständlich!) Auf dem System laufen sehr viele Instanzen und wirklich jeeeeeeede Menge Datenbanken (Schemas). Details kann ich nicht preisgeben, erstens weil ich diese kaum kenne und zweitens weil es keine Information für die Öffentlichkeit ist.

Man hat sich für eine neuen Lösung mit Linux – vermutlich RHEL oder Oracle Linux – entschieden ! Hardware sind HP Blade Server mit x86/64 Architektur und Storage sehr wahrscheinlich EMC. Man plant ein großes und flexibles Oracle Grid, d.h. wohl ein RAC über jede Menge Blades.

Prinzipiell ist gegen die Entscheidung HP als Hardwarelieferant nichts einzuwenden. 😉 Bei dieser Aussage lacht natürlich mein HP Herz. Aber das ist subjektiv und darum will ich auch nicht weiter darauf eingehen.

Was ich aber nicht verstehe ist die Entscheidung für Linux. Also mit J2EE Application Server Farmen, große MySQL Installationen, Apache HTTP, etc. hab ich mit Linux als Betriebssystem wenig Schmerzen. Aber ein Mission Critical Oracle RAC unter Linux? So ein bißchen Angst um meine Daten und um meine vereinbarten SLAs hätte ich da ja schon.

Ist ja nicht so, dass bei dem Vorhaben eine neue Umgebung zu bauen Oracle/Sun gar nicht ins Haus geholt worden sind. Aber so Recht überzeugen konnte der Verrein nicht. Mit einem Schwung Sun M5000 Server wollte man sich nicht abspeisen lassen! Hinzu kommt, dass das Oracle/Sun Angebot wohl preislich nicht unbedingt günstig war.

Auf die Frage hin warum man sich nicht für Solaris x86 auf HP Blade Server entschieden hat, kam nur: Lediglich eine Referenz in Deutschland und Oracle konzentriert sich offensichtlich erstmal weiter auf ihr Oracle Linux. Man möchte abwarten, wie sich das ganze in den nächsten Jahren entwickelt. Wie bitte ???

Nachdem ich nun so nebenbei ziemlich „spektakuläre“ Erfahrungswerte zu Linux erhalte – in naher Zukunft mehr dazu, die Welt soll ruhig wissen, was es bedeutet auf Linux zu setzen. 😉 – ich auch so meine Erfahrungen damit habe, wird mir eigentlich Himmelangst. Im Prinzip kann man dann doch gleich sein PPS System auf Linux umziehen und darauf hoffen, dass die Produktion irgendwie rund rennt. Man bastelt sich das dann schon zurecht. 😉 Interessant ist aber nur, dass genau solche Systeme eben nicht unter Linux tun! Doch ein großer Oracle RAC auf dem wirklich jede Menge Anwendungen zugreifen ist aber dagegen Linux tauglich? Das ist nicht Euer Ernst?

Ergo, wenn der Oracle RAC in Probleme läuft, dann bastelt man sich halt das irgendwie wieder hin. Genauso bastelt man halt die Updates rein, irgendwie kriegt man schon die Kernel Module wieder zum fliegen. Vor allem jetzt wo doch Oracle auch an seinem eigenen Linux und eigenen Kernel Modulen bastelt. Zur Not muss halt der GCC herhalten und irgendwelche Anleitungen aus dem großen World Wide Web. Irgendwie (ich wiederhole mich) kriegt man das Ding schon zum Fliegen. Mir fehlen die Worte! Das ist Enteprise im Jahr 2010 oder?

Na dann Prost, da wechsle ich dann doch lieber zu einem MSSQL Cluster auf einem HP Integrity Superdome 😉 Und ihr wisst was ich von Windows halte. 😉

Bin ich denn wirklich alleine auf diesem Planeten, der Bedenken mit Linux im Mission Critical Segment hat? Bin ich denn der Einzige, der schon allein des Bauchgefühls wegen (und das hat meistens immer Recht), niemals einen großen Oracle RAC unter Linux empfehlen und aufsetzen würde? Gerade wo es doch sooooo ausgereifte Betriebssysteme und HA Umgebungen gibt, die sich schon mehr als nur ein Jahrzehnt lang bewährt haben. *seufz*

Wie ist eure Meinung?

Gruß
Tschokko

7 thoughts on “Frage an alle ! Oracle und Linux…

  1. Hi Tschokko, das ist gar nicht so ungwoehnlich, WENN das Linux ein Suse Enterprise oder Red Hat ist. Seit ein paar Jahren schon absolut gebraeuchlich, selbst wenn da grosse Boersenanwendungen (sag jetzt nix – die Krise ist KEIN OS- oder DB-Problem ;), nervige Klingeltonverkaeufer, grosse Buchhandlungen oder Kaffeeroester drauf laufen. Ich wuerd es allerdings nicht mit einem Debian riskieren. Dann wuerde ich Deinen Bedenken recht geben.
    Persoenlich tut es mir auch in der Seele weh, aber wenn ich dran denke, dass selbst die Top500 mittlerweile von _Linuxclustern_ dominiert werden, macht mir ein unternehmenskritisches RAC auf einer Eidechse wahrlich keine Angst mehr 🙁
    Sei nur froh, dass der Kunde eine Datenbank und kein Filesystem will. Da hab ich ja in den letzten Tagen ganz haarstraeubende Dinge gehoert 😉
    K.

  2. Das Problem ist noch ein anderes. Mal angenommen, Du willst ein Oracle RAC auf Linux. Natürlich nimmst Du dazu ein supportetes Enterprise Linux, also RHEL oder SLES. Musst Du, weil Du sonst keinen Support von Oracle kriegst. Den willst Du aber im produktiven Einsatz, wenn in dem RAC geschäftskritische Unternehmensdaten liegen. Oracle spezifiziert meistens eine ganz bestimmte Version von RHEL und/oder SLES für ihre Produkte. Meistens so, dass ein aktuelles Oracle auch zu einem aktuellen Linux-Kernel passt.

    Jetzt gehen die Jahre ins Land. So eine geschäftskritische Unternehmensapplikation tauscht man ja nicht nach Belieben alle halbe Jahre aus, die muss schon ein paar Jahre Dienst tun. Zuverlässig. Während dieser Zeit tauchen sowohl bei Oracle wie auch beim Betriebssystem Verbesserungen auf. Sicherheits-Updates, Verbesserung der Stabilität, manchmal auch neue Features, die man gerne nutzen will. Alles Dinge, wo der ambitionierte, aufmerksame Admin sich denkt: „Mensch, ich müsste mal ein RedHat-Update einspielen.“ Oder: „Mist, da gibt es diesen Oracle-Patch wegen dieser einen Sicherheitslücke, der sollte da schon mit installiert werden.“

    Und hier tauchen jetzt die Probleme auf: Der Oracle-Patch will eine bestimmte Kernel-Version. Sonst tut der sich nämlich nicht passend linken bei der Installation. Also muss auch der Kernel aktualisiert werden. Meistens geht diese Richtung noch gut, weil der Oracle-Patch auf einem definierten Patchlevel des Kernels aufsetzt, den auch dein Kernel-Provider offiziell im Programm hat. Schwieriger wird es anders rum: Stabilitätsproblem mit Ethernet-Treiber. Neuer Kernel hat neuen Treiber, Problem ist mit Update gefixt. Aber halt! Das Update bringt eine Kernelversion mit, die nicht vom Software-Hersteller supported ist. Wenn’s dann mal Sonntag früh um zwei eng wird mit der Produktion, könnte das auch eng werden mit dem Support beim Softwarehersteller. Sowas will man in einer geschäftskritischen Produktivumgebung nicht haben. Ich jedenfalls nicht.

    Dann gibt es da draußen Software, die bringt gleich ihren eigenen Kernel mit, Enterprise Linux hin oder her. Da verliert man dann meistens auch sofort bei Installation den Support des Betriebssystemherstellers. Will man das? Ich nicht.

    Zum Argument von K. wegen TOP500 Linux-Cluster: Das stimmt zum Teil. Dort ist aber die Umgebung meistens eine leicht andere: es sind wirklich SEHR viele Knoten, die Applikation ist von Anfang an so gestrickt, dass der gleichzeitige Ausfall von wenigen Knoten das gesamte System nicht weiter beeinträchtigt. HPC-Umgebungen sind außerdem meistens sehr homogen und das Linux darauf angepasst. Applikationen in diesem Umfeld sind oft genug von den HPC-Betreibern (Forschungsinstitute) selbst gestrickt und werden damit natürlich auch selbst gewartet. Um mal wieder einen Auto-Vergleich zu bemühen: In der Formel-1 wie im LKW-Bau werden 8-Zylinder-Motoren genutzt. Aber während im einen Fall ein ganzes Heer an Technikern und Ingenieuren beinahe ständig um den Motor herumschleicht, bei kleinsten Zuckungen mit aufwändiger Messtechnik anrückt und den Motor so oder so nach ein paar Tausend Kilometern weg schmeißt, muss im anderen Fall der Motor am besten ganz ohne Zutun von außen ein paar Millionen Kilometer halten…

    wolfgang

  3. Hallo,

    ja nun, irgendwie bin ich leider immer noch nicht schlauer was betrifft, warum man sich Linux als Mission Critical Betriebssystem ins Haus holt? Gerade angesichts dessen, wie schwierig das Patchen/Updaten ausfallen kann.
    Ebenso wenig verstehe ich nicht, wieso man sich gegen bewährte Systeme, die schon über ein Jahrzehnt HA Cluster Erfahrung mit sich bringen, ausspricht? Greift hier wirklich die Geiz ist Geil Menthalität oder sind die Leute einfach nur leichtsinnig?

    Na gut, ein Argument warum sich die Leute zunehmend für Linux entscheiden, ist die Leistungsfähigkeit der x86 Plattform. Viele Cores, viel RAM, hohe Performance, schneller I/O dank PCI-Express, sehr ausgereifte und stabile Server. Alles Eigenschaften die lange nur bei richtigen RISC Servern aufzufinden waren. Unterm Strich ist man aber einfach nicht mehr bereit Geld für richtige Server zu bezahlen. Schon wieder Geiz ist Geil. 😉

    Ich bleibe dabei, ich hab bei dem Gedanken ernsthafte Bauchschmerzen. Ich bin ja prinzipiell nicht gegen einen Oracle RAC auf Linux abgeneigt, aber eben nicht im Mission Critical Segment.
    Gutes Beispiel: Zum schnellen Auswerten, für Statistiken, etc. hat ein großer Kunde eine SAP/Oralce Installation unter Linux auf einem HP x86 Blade System aufgezogen. Das eigentliche Mission Critical ERP System läuft dagegen auf Superdomes. Hier kann ich die Entscheidung für Linux und für schnelle x86 Blades durchaus nachvollziehen. Es geht um Performance und nicht um Stabilität geschweige denn Verfügbarkeit.

    Gruß
    Tschokko

  4. Ich glaube nicht, dass es wirklich ausschließlich die Geiz-ist-Geil-Mentalität ist. So ein RHEL kostet schließlich auch ordentlich Lizenzen und Oracle langt auf x86-Hardware immer gleich hin, egal ob Linux oder Solaris. Es ist denke ich eher das gleiche Phänomen, wie man früher halt IBM gekauft hat: „Da kann man nichts falsch machen, alle anderen kaufen das auch und wenn was nicht geht, ist es die Schuld des Herstellers und nicht meine Fehlentscheidung.“

    Und angeblich findet man leichter Linux-Admins als Admins für andere Unix-Plattformen. Zugegeben, die notwendige Hardware ist in der Anschaffung deutlich günstiger als bei AIX oder HP-UX. Aber spätestens seit der Verfügbarkeit von Soalris 10 und OpenSolaris auf x86-Hardware kann auch dieser Punkt ausgehebelt werden.

    wolfgang

  5. Was schreibe ich da oben eigentlich für einen Mist zum Thema Hardware-Preise… Es ist natürlich so, dass SPARC-Hardware sich preislich wenig gibt im Vergleich zu Hardware für HP-UX oder AIX. Aber bei (Open)Solaris hat man ja schon seit einiger Zeit den Vorteil, auch auf x86_64-Hardware ausweichen zu können, was dann schon einen deutlichen Preisunterschied macht. Und in Zeiten von Opteron und Nehalem auch ordentlich performt. Und viele der großen Software-Hersteller haben das erkannt und bieten ihre Produkte auch für Solaris x86 an.

    wolfgang

  6. Hallo Wolfgang,

    dem ist nichts entgegen zu setzen. Doch große Oracle auf Solaris x86 Installationen sucht man aktuell wohl vergebens. Und jeder große Kunde drückt sich gerne davor das Versuchskaninchen zu sein.

    Gruß
    Tschokko

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